Jane Marple und Hercule Poirot

Kriminalromane sind ein ausgesprochen beliebtes Genre. Wir kommen heute nicht umhin, die verschiedenen Aspekte der Polizeiarbeit kennenzulernen. Die menschliche Neugier und das Aufarbeiten der eigenen Ängste sind wohl zwei der Gründe, warum in Deutschland jedes Jahr etwa zehnmal soviele Morde in Krimis geschehen, als im echten Leben. Während aktuell meist die Geschichten von Polizisten möglichst realistisch erzählt werden, hatte das Genre früher ganz andere Protagonisten. Statt im Spannungsfeld von Gespür und Vorschriften an der Aufklärung von Fällen zu arbeiten hatten Autoren früher meist Einzelkämpfer in den Hauptrollen. Die fiktiven Personen waren besondere Menschen, die aufgrund hervorstechender Eigenschaften einerseits besonders geeignet waren, Kriminalfälle zu lösen, andererseits aber auch menschlich interessant waren. Eine Ausnahmeerscheinug des Fachs war die Engländerin Agatha Christie. Ihrer Feder entspringen mit Jane Marple und Hercule Poirot zwei der berühmtesten und beliebtesten Detektivfiguren.

Agatha Christie

1890 in Südengland geboten, schrieb Agatha Mary Clarissa Christie Zeit Ihres Lebens 66 Kriminalromane, 23 Bühnenstücke und eine Fülle an Kurzgeschichten. Eine geschätze Gesamtauflage von mehr als zwei Milliarden Büchern macht sie zu einer der erfolgreichsten Schriftsteller aller Zeiten. In ihren Werken dreht es sich meist im Kriminalfälle und ihre Aufklärung. Im ersten Weltkrieg leistet sie freiwillige Arbeit beim Roten Kreuz und absolviert in weiterer Folge auch eine Apothekerausbildung. Während dieser Zeit verfasst sie ihren ersten Roman. In diesem ersten Buch „Das fehlende Glied“ ermordet ein untreuer Ehemann seine Ehefrau, indem er sie mit Strychnin vergiftet. Die Beschreibung des Morden, die Agatha Christie in ihrem ersten Roman abgibt verhalf dem Buch sogar zu einer Rezension im Pharmaceutical Journal. Der 1916 fertiggestellte Roman wurde 1920 veröffentlicht. Mit ihm erblickt eine exzentrische Person das Licht der Welt.

Hercule Poirot

Der belgische Privatdetektiv Hercule Poirot trägt für die Aufklärung des Giftmordes im Christies ersten Roman maßgeblich bei. Er verhindert die verfrühte Verhaftung des Täters und sorgt schließlich für seine Überführung, indem er hieb- und stichfeste Beweise, also das letzte Glied in der Kette liefert. Agatha Christie beschreibt Poirot als überaus intelligenten und etwas exzentrischen Menschen. Selbstsicher und stets gepflegt sorgt der Belgier im Zuge aller Romane, in denen er die Hauptrolle spielt, zielstrebig für die Auflösung der Rätsel und die Aufklärung der Verbrechen.

Dabei spielt auch sein Äußeres, allem voran sein gepflegter Schnurrbart und seine Umgangsformen eine wichtige Rolle für ihn. Nachdem er 1920 erstmals auftrat schrieb Agatha Christie 33 Bücher mit dem belgischen Detektiv. 1975 erschein schließlich der letzte Poirot Roman. Das Manuskript des letzten Romans mit dem Titel „Vorhang“ lag für 30 Jahre in einem Tresor. Erst als klar war, dass die Schriftstellerin keine weiteren Bücher mehr verfassen werde, wurde das Buch 1975 veröffentlicht und Poirot starb darin ein Jahr vor seiner Schöpferin.

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Poirot bewegt sich durch die ganze Welt. Aufgrund ihrer Verhältnisse und des Alters ist die Figur der Jane Marple weniger mobil

Jane Marple

Zehn Jahre, nachdem Poirot das Licht der Literaturwelt erblickte, folgte ihm Miss Marple nach. Ihr Debut hatte die zweite Heldin aus Christies Feder, die heute jeder kennt 1930. In erster Linie spielt sie die Hauptrolle in Kurzgeschichten. Die Verfilmungen mit Margarethe Rutherford, die jeder kennt, entsprechen allerdings nicht dem Bild, das Agatha Christie von Miss Marple zeichnet. Als alte Frau mit scharfem Verstand wird sie zerbrechlich, blass und großgewachsen beschrieben. Auch sind die vier berühmten Filme mit der rüstigen alten Dame auch aus anderen Gründen nicht nach dem Geschmack der Autorin gewesen.

Die Darstellung als hemdsärmelige und resolute Dame entspricht der ursprünglichen Figur nicht. Der Roman „Der Wachsblumenstrauß“ war eigentlich ein Poirot Roman und „Mörder Ahoi“ kommt komplett ohne Romanvorlage aus. In der Verfilmung von „Die Morde des Herren ABC“ aus dem Jahr 1965 treffen sich Miss Marple und Hercule Poirot. Auch das wurde von den Produzenten des Films ergänzt. In den Romanen von Agatha Christie passiert das niemals. Auch der letzte Fall von Miss Marple verbrachte lange Zeit im Tresor und wurde schließlich nach dem Tod der Autorin veröffentlicht.

Geniale Wendungen

Fragt man echte Detektive, wie beispielsweise die Experten dieser Detektei München, wie Kriminalfälle aufgeklärt werden, dann unterscheidet sich die Schilderung deutlich von den Methoden, die Jane Marple und Hercule Poirot anwenden. Während Miss Marple oft als ruhig und strickend dargestellt wird, bewegt sich Hercule Poirot meist von Treffen zu Treffen. In seinem letzten Fall wird seine Methode nocheinmal auf die Spitze getrieben. Er selbst ist alt und krank und entwickelt seine Schlussfolgerungen, ohne Informationen aus erster Hand. Seine kleinen grauen Zellen, auf die er sein Leben lang stolz war, erledigen die Arbeit und lösen den Fall nur auf Basis der geschilderten Fakten. Diese Methode ist für die Detektive der Agatha Christie Romane nicht ungewöhnlich. Als Leser, oder Zuseher ist man am Ende von der genialen Wendung und der Lösung durch Marple, oder Poirot überrascht und fasziniert. Allerdings gibt es, bei genauerer Betrachtung, ein Problem.

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Die Werke von Agatha Christie füllen ganze Bücherregale. Sie zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern aller Zeiten

Fehlende Informationen

In den Inszenierungen, in denen am Ende der Romane die Verdächtigen zusammengeholt werden und schließlich der Täter präsentiert wird, gibt es immer eine Überraschung. Achtet man auf die Erklärung von Hercule Poirot, dann wird aber klar, dass dem Leser eine wichtige, oft sogar die entscheidende Information vorenthalten wurde. Mitunter kennen die Protagonisten ein Detail auch nur zufällig und bauen aus winzigen Indizien eine Kette, die schließlich zu einer Lösung des Falles führt. Aber dass man als Zuseher, oder Leser eigentlich keine realistische Chance hat, den Mörder vor der letzten Seite zu identifizieren ist allerdings auch ein Qualitätsmerkmal der Romane.

Bis dahin entwickelt Agatha Christie Geschichten und Handlungsstränge, zeichner Lebensläufe und Beziehungen und erzählt unterhaltsam und kurzweilig viele Geschichten rund um das eigentliche Verbrechen. Am Ende werden alle Fäden zusammengeführt und eine bis dahin verheimlichte Information löst die Verstrickungen auf.

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Auch wenn wahrscheinlich jeder den Inhalt des Romans „Mord im Orient-Express“ kennt, lohnt es sich, ihn einmal selbst zu lesen

Altersschwach

Agatha Christie hat später einmal bedauert, Miss Marple so alt angelegt zu haben. So war sie gezwungen die spannenderen Fälle an Hercule Poirot zu übergeben. Er reist über den Nil, oder mit dem Orient Express und verbringt Zeit in Hotels und fernen Ländern. Dort wird er immer wieder, dank seines klingenden Namens und seines Rufs engagiert. Sein wohl berühmtester Fall ist der „Mord im Orient-Express“. Über Beziehungen bucht er eine Fahrt im ausgebuchten Zug, der später aufgrund von Schneewehen anhalten muss. An Bord kommt es zum Mord an einem der Mitreisenden. In diesem einen Fall entscheidet Poirot sich dafür, den Fall nicht zu lösen. Der wahre Täter bleibt unerkannt und wird von Poirot sogar gedeckt. Dieser Roman ist in vielerlei Hinsicht ein Meisterwerk der Literaturgeschichte. Auch wenn es zahlreiche Verfilmungen dazu gibt, ist das 1934 erschienene Buch es durchaus auch heute noch wert, gelesen zu werden.