Der Bart ist wieder da

Als sekundäres Geschlechtsmerkmal tragen Männer eine typische Körperbehaarung. Während die Frauen der Schöpfung eher haarlos sind, wachsen den Männern Haare am Rücken, den Extremitäten und nicht zuletzt im Gesicht. Je nach Vorliebe und Epoche wird die Körperbehaarung mehr, oder weniger entfernt. Der Bart ist dabei keine Ausnahme. Aktuell darf er wieder wachsen.

Rückenrasierer und Ladyshave

Im 21. Jahrhundert trägt man haarlos. Intimrasur ist ein Thema, das es über ein paar andere Zielgruppen schließlich auch bei den heterosexuellen Männern angekommen ist und auch das Rasieren von Beinen und Armen ist nicht mehr nur den Radfahrern und Schwimmern vorbehalten. Rücken und Brust werden ja schon seit längerem enthaart und sogar der Kopf ist heute vor Rasierern nicht mehr sicher. Kaum einer steht zu seinem Haarkranz, sondern entfernt auch die verbliebenen Haare freiwillig. Eine männliche Körperregion darf sich aber, trotz all der Rasurbemühungen und ästhetischen haarlosen Idealbildern, hinter üppigem Haarwuchs verstecken. Im Gesicht trägt der sonst fast vollständig enthaarte Mann einen Bart. Ein Trend, der nicht neu, aber neuerfunden ist.

Neuerfindung

Wer kennt nicht die Portraits großer Männer aus dem 19. Jahrhundert. Ein Charles Darwin sitzt auf auf allen Portraits mit einem wallenden weißen Bart. Auch früher war es üblich einen langen Vollbart zu tragen. Leonardo da Vinci hat sich beispielsweise mit einem gewaltigen Bart portraitiert. Auch Michelangelo trug einen kurzen Vollbart. Auch davor kennt man Darstellungen von griechischen Philosophen mit mehr, oder weniger Bärten. Der Bart hat also eine lange Tradition und es gehörte Jahrthunderte zum guten Ton einen zu tragen. Schließlich gab es allerdings eine Wende, die die Rasur plötzlich modern und weit verbreitet machte.

Gillette

King Camp Gillette, der Namensgeber der heute weit verbreiteten Nassrasierer, hat Anfang des 20. Jahrhunderts eine entscheidende Erfindung gemacht. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Rasur mit dem Rasiemesser üblich. Der Bart wurde eingeschäumt und vorsichtig mit sprichwörtlich rasiermesserscharfen Messern entfernt. Ein zeitraubender und gefährlicher Vorgang, den man einerseits gerne den Barbieren überließ, oder andererseits darauf verzichtet und sich einen Bart stehen ließ. Gillete trug einen Schnurrbart, rasierte sich aber jeden Tag sein Kinn. Davon inspiriert entwickelte er die Rasierklinge und den Rasierhobel . Der Vorläufer der heutigen Systemrasierer und eine dramatische Vereinfachung der Selbstrasur.

Selbstrasur

Anfangs hatte King C. Gillette noch Anlaufschwierigkeiten mit seiner Erfindung. Als die Regierung dann aber 36 Millionen Rasierklingen für die Soldaten im ersten Weltkrieg bei ihm bestellte war der Vormarsch der Gillette-Rasierer nicht mehr aufzuhalten. Die Ära ohne Bart nahm ihren Anfang und damit einher ging auch der Rückgang der Barbershops. Seit den 1960er-Jahren erobert sich der Bart seinen Platz aber wieder. Seit Anfang des Jahrtausends ist er in vielen Ausprägungen wieder allgegenwärtig. Und Artikel wie dieser auf Manonamission: Top 5 Barttypen zeigen eindrucksvoll, wie selbstverständlich der Bart wieder in verschiedenen Gesellschaftsschichten getragen wird.

Trend?

Ob der Bart und dabei speziell der Vollbart ein Trend ist und ob er in ein paar Jahren noch immer so präsent sein wird, kann niemand genau sagen. Befürworter stehen auf dem Standpunkt, dass die Glattrasur ein Trend war, der jetzt vorbei ist und die Geschichte würde diese Version der Darstellung auch befürworten. Schließlich trugen vom Urmensch bis zum Gentleman des frühen 20. Jahrhunderts alle Bart. Erst in der jüngeren Geschichte ab dem ersten Weltkrieg hat sich die Rasur etabliert. Viele Unternehmer sind schon auf den Zug aufgesprungen und vieles, was vergessen schien, kommt wieder.

Bartwichse und Rasiermesser

In Solingen gibt es eine Reihe von Rasiermessermanufakturen, die genauso einen Aufschwung erleben, wie traditionelle Hersteller von Bartpflegeprodukten. Ein paar Jahrzehnte eine wenig beachtete Nische, nimmt die Bedeutung der Bartpflegeprodukte zu. Bartöl, Bartpomade, Bartwachs, Bartbalsam, Bartshampoo und zahlreiche andere Bartprodukte werden von vielen kleinen Start-Ups entwickelt und auf den bärtigen Markt geworfen. Der Markt nimmt die Produkte dankbar auf und sogar Barttassen erleben ihre Renaissance. Es sieht also so aus, als könnten wir uns auf eine längere bärtige Phase gefasst machen.